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Transformative Pädagogik

Hintergrund und theoretische Grundlage
1. Was ist transformative Pädagogik?

Transformative Pädagogik (TP) ist ein Bildungsansatz, der „traditionelle“ Lehr- und Lernmethoden grundlegend verändert, also transformiert. TP tut dies, indem sie die Lernenden zu aktiven Mitgestaltern des Unterrichts macht, zu Schülerinnen und Schülern, die reflektieren und kritisch (mit-)denken. Sie beinhaltet Elemente der Wissensvermittlung, zielt aber darüber hinaus darauf ab, Lernende zu befähigen, Wissen aktiv zu nutzen, ihre Lernwelt mitzugestalten und kritisch mit der Welt umzugehen.

Transformative Pädagogik ist ein Konzept, das über die reine Wissensvermittlung hinausgeht. Sie zielt darauf ab, die Lernenden in ihrer gesamten Persönlichkeit zu entwickeln, damit sie kritisch denken, ihre eigenen Werte reflektieren und aktiv an der Gestaltung ihrer Umwelt teilnehmen können. Dabei steht der Mensch als Subjekt im Mittelpunkt des Lernprozesses – nicht als „Objekt“ der Belehrung, sondern als aktiver und eigenverantwortlicher Mitgestalter.

Transaktionale Pädagogik, die auf Wissensvermittlung abzielt, wird hier als erster Schritt angesehen vor allem in der Erziehung von Kindern die zuerst Wissen erlernen müssen, um dieses dann anwenden zu können, Transformative Bildung als zweiter (Erlernen neuer Denk- und Sichtweisen) und dritter (autonomes Denken) Schritt im Lernprozess- zielt darauf ab, durch kritische Reflexion und Erfahrung das Bewusstsein der Lernenden zu erweitern und ihr Verständnis von Lernen, sich selbst und der Welt zu ändern und vertiefen.1

2. Warum transformative Pädagogik?

Transformative Pädagogik (TP) ist mehr als ein didaktisches Modell, sie ist eine Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit. In einer Welt, die durch soziale, politische und technologische Umbrüche geprägt ist, reicht reines Faktenwissen nicht mehr aus. Lernende brauchen Kompetenzen, die über das Klassenzimmer hinauswirken: kritisches Denken, Selbstreflexion, soziale Verantwortung und kreative Problemlösung.2

TP basiert auf fundierten wissenschaftlichen Ansätzen, wie denen von Paulo Freires 3 emanzipatorischem Bildungsverständnis, Mezirows4 Konzept der Reflexivität, und Deweys5 erfahrungsbasierter Demokratiebildung. Sie stellt die Lernenden aktiv in den Mittelpunkt: Lernende sind nicht passive Empfängerinnen und Empfänger, sondern aktive Gestaltende ihrer eigenen Lernprozesse und somit gestalten sie ihre eigene gesellschaftlichen Realität, auch im Klassenzimmer.

Wer transformative Elemente in den Unterricht integriert, fördert nicht nur Lernen und Motivation auf intrinsischer Ebene, sondern auch die Persönlichkeitsentwicklung, Dialogkompetenz und Werteorientierung der Schüler und Schülerinnen. TP schafft Räume für Mitgestaltung, Hinterfragung und kritisches Denken – Kompetenzen, die essenziell für eine nachhaltige, gerechte Zukunft sind6.

Gerade heute ist das Bildungswesen aufgefordert, nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern Menschen zu befähigen, ihr Wissen einzusetzen, um Wandel mitzugestalten. Transformative Pädagogik ist dafür ein unverzichtbares Werkzeug – praxisnah, theoretisch fundiert und zukunftsweisend.

3. Kernideen und theoretische Grundlagen

Die folgenden vier Kernideen bilden die Grundlage für eine kritische Auseinandersetzung mit traditionellen Lernstrukturen: Lernende als partizipierende und kritische Mitdenker, Lernen durch Selbstreflexion, Lernen als individueller kreativer Prozess, und Lernen im sozio-politischen Kontext. Diese Kernideen können klassische Lehr- und Lernmethoden bereichern, wenn sie transformativ umgesetzt werden. Diese Ansätze gewinnen zunehmend an Bedeutung, da gesellschaftliche Veränderungen das Lernen und das Verhältnis von Lernenden zur Bildung im Allgemeinen beeinflussen.

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Lernende als partizipierende und kritische Mitdenker

Im Zentrum der ersten Kernidee steht die aktive Rolle der Lernenden. Anstelle der Vorstellung vom passiven Wissensempfang betont transformative Pädagogik den partizipativen Dialog zwischen Lehrenden und Lernenden.

Paulo Freire prägte diese Haltung mit seiner Theorie des kritischen Bewusstseins. Für ihn ist Bildung ein Akt der Befreiung, durch den Lernende befähigt werden, ihre soziale Realität zu analysieren und zu verändern. Dies erfordert einen dialogischen Bildungsprozess: Lernende werden gehört, ernst genommen, und als gleichwertige Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner anerkannt.

Der Lernprozess wird somit demokratisch: Lernende gestalten aktiv ihr Lernen, entwickeln kritisches Denken und übernehmen (Eigen-)Verantwortung. In der TP wird diese Haltung methodisch unterstützt durch Diskussion, Projektarbeit und kooperative Lernformen.

Lernen als Selbstreflexion

TP versteht Lernen als Resultat eines Reflexionsprozess: Es geht darum, das eigene Denken, Handeln und die zugrunde liegenden persönlichen Annahmen sowie deren Ursprünge bewusst zu hinterfragen.

Jack Mezirow, ein zentraler Theoretiker des transformativen Lernens, beschreibt diese Art von Reflexion als Schlüssel für tiefgreifende Veränderungen. Er betont die Bedeutung sogenannter „desorientierender Dilemmata“ – Situationen, in denen bisherige Sichtweisen infrage gestellt werden. Solche Momente führen Lernende dazu, sich mit der Herkunft und Entwicklung ihrer Überzeugungen auseinanderzusetzen.

Reflexion ist hier nicht bloß ein Nachdenken über Inhalte, sondern ein Meta-Lernen über Wissensbildung und auch sich selbst. In der Praxis bedeutet dies: Lernprozesse müssen bewusst angeleitet und begleitet werden, damit Lernende nicht nur Inhalte kennen, sondern auch sich selbst im Lernprozess erkennen und entwickeln – oder „transformieren“, um so zu verstehen.

Lernen als individueller, kreativer Prozess

Lernen ist ein individueller und auch ein kreativer Prozess, bei dem Lernende Wissen aktiv konstruieren, also nicht bloß Informationen übernehmen und mehr oder weniger kurzfristig abspeichern.

Diese Sichtweise basiert auf dem sozialen Konstruktivismus, wie ihn Lew Wygotski formulierte. Lernen geschieht nicht isoliert, sondern in sozialen Kontexten, durch Kommunikation und kulturelle Werkzeuge. Wygotski betont die „Zone der nächsten Entwicklung“, in der Lernende durch unterstützte Interaktion über sich hinauswachsen.

In der TP wird diese Erkenntnis weitergedacht: Lernen soll nicht nur rational, sondern auch emotional, ethisch und sozial sein. Kreative Methoden – künstlerische Gestaltung, Storytelling, Design Thinking oder darstellende Formate – fördern tiefgreifende Auseinandersetzungen mit Themen, die in vielen verschiedenen Unterrichtsfächern integriert sind (z.B. Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, Demokratie oder Frieden). Dabei speichern Lernende nicht nur Wissen, sondern entwickeln eine auf Ressourcen, Erfahrungen, Werten und Wissen gestützte persönliche Haltung.

Lernen im sozio-politischen Kontext

Lernen existiert in einen gesellschaftlichen und politischen Bezugsrahmen. Bildung soll nicht nur der persönlichen Entwicklung dienen, sondern auch zu gesellschaftlicher Mitverantwortung befähigen.

Diese Haltung findet sich bei John Dewey, der Lernen als aktives, erfahrungsbasiertes Handeln in sozialen Kontexten versteht. Für Dewey ist Bildung untrennbar mit Demokratie verbunden: Lernende sollen durch aktive Beteiligung in der Schule auf demokratisches Handeln in der Gesellschaft vorbereitet werden.

TP greift diese Idee auf, indem sie Lernprozesse mit gesellschaftlichen Fragestellungen verknüpft. Themen wie Machtverhältnisse, Ungleichheit oder kulturelle Vielfalt werden nicht nur analysiert, sondern durch eigene Handlungen greifbar gemacht. Lernen wird so zu einem Werkzeug der gesellschaftlichen Teilhabe und Mitgestaltung.

4. Das Ziel der transformativen Pädagogik

Auf Grundlage der genannten Kernideen und der ihnen zu Grunde liegenden Theorien definiert sich transformative Pädagogik als ein Lernansatz, der:

  • Lernende zur aktiven Teilhabe befähigt,
  • Reflexion als zentrales Element des Lernens versteht,
  • den kreativen, subjektiven Konstruktionsprozess von Wissen fördert,
  • und Bildung als sozio-politischen Akt begreift.

TP zielt darauf ab, Lernende nicht nur mit Wissen auszustatten, sondern sie zu selbstdenkenden, verantwortungsvollen Menschen zu bilden, die ihre Überzeugungen auch in Handlung umsetzen.

Diese stehen in direktem Bezug zu den zentralen Kompetenzen für das 21. Jahrhundert 7:

  • Transformative Kompetenz (Veränderungsfähigkeit und -bereitschaft)),
  • Denkkompetenz (analytische Fähighkeiten, kritisches Denken, Kreativität),
  • Sozialkompetenz (Empathie, Dialogfähigkeit),
  • Selbstkompetenz (Selbstregulierung, Motivation),
  • Multiliteracy-Kompetenz (Umgang mit Medien, Diskursen, Kulturen).

TP stellt damit einen pädagogischen Rahmen zur Verfügung das Lernen als ganzheitlichen, menschlich-gesellschaftlichen Prozess positioniert und das Ziel hat das Individuum zu stärken und einen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten. Die Schülerinnen und Schüler werden also mehrfach befähigt als flexible, kritisch denkende, selbständig motivierte, und widerstandfähige Menschen der Gesellschaft beizutreten und sich weiterzuentwickeln. TP zielt darauf ab, dass Schülerinnen und Schüler das Lernen als fortlaufenden Prozess verstehen, den sie aktiv mitgestalten.

Wege zum Gelingen
1. Praktische Umsetzung

Die theoretischen Grundlagen der TP reichen weit in die Vergangenheit zurück, doch sie sind gerade in der heutigen, technologiegetriebenen Welt, besonders wichtig. Um Ansätze zur praktischen Umsetzung klarer zu umreißen, stellen wir hier zunächst die Merkmale der unterschiedlichen Lernstile in den direkten Vergleich dar, und betrachten dabei insbesondere auch die Dimension der Digitalität.

  1. Merkmale der unterschiedlichen Lernstile

  2. Wirkungsbereiche Transformative Pädagogik Traditioneller Unterricht
    Rolle der Schülerinnen und Schüler Aktiv, reflektierend, kollaborativ Passiv, rezeptiv
    Rolle der Lehrkraft Facilitator, Coach Dozentin / Dozent
    Lernansatz Problemorientiert, dialogisch, erfahrungsbasiert Inhaltsvermittlung, Frontalunterricht
    Bewertungsmethoden Formativ, kompetenzorientiert summativ, standardisierte Tests
    Nutzung von Technologie Unterstützend für Interaktion und Problemlösung Primär zur Inhaltsvermittlung
  3. Anpassungen anstatt kompletter Umgestaltung

  4. Um die Kompetenzen des 21.Jahrhunderts zu erreichen, erfordert transformative Pädagogik keine vollständige Umgestaltung des Unterrichts. Lerninhalte werden weiterhin vollständig vermittelt. Es bedarf vielmehr gezielter Anpassungen:

    • Transformation der Schülerinnen- und Schülerrolle: Von passiven Empfängerinnen und Empfängern zu aktiven Mitgestalterinnen und Mitgestaltern. (Selbstgesteuertes Lernen8 )

    • Transformation der Lernumgebung: Schaffung eines kollaborativen und offenen Lernraums, der das Erforschen von Wissen in den Vordergrund stellt.

    • Transformation der Lehrkraftrolle: Von Wissensvermittlerin und Wissensvermittler zur Lernbegleitung, die Rolle der Lehrkraft als Facilitator (Neue Lernkultur 9 )

    Transformative Praktiken können somit auf vielfältige Weise in den Schulalltag einfließen. Jeder Lernende, alle Lehrerinnen und Lehrer sind individuell. Jede Kombination von Lernenden und Lehrenden, auch bezogen auf unterschiedliche Fachbereiche, bedingt eine angepasste Herangehensweise.

  5. Die 4 Methoden der transformativen Pädagogik

  6. Grundsätzlich haben sich vier TP-Methoden in der Praxis bewährt, um die genannten Transformationen im Klassenzimmer zu fördern und bei Schülern und Lehrern zu etablieren10:

    1. Projektbasiertes Lernen (PBL) ist praxisnah und ergebnisorientiert: Lernende arbeiten über einen längeren Zeitraum an einem komplexen, selbstgestalteten Projekt, das ein reales Produkt, eine Präsentation oder eine greifbare Lösung zum Ziel hat. Hier stehen Teamarbeit, Selbstorganisation und Anwendung von Wissen im Vordergrund. PBL führt zu einem Produkt, das das Erlernte sichtbar (und evaluierbar) macht.

      Hier finden Sie Unterrichtsideen für PBL: Link Lesson Plan Wirtschaft Naturwissenschaft, Naturwissenschaft

    2. Problemorientiertes Lernen (PrBL) beginnt mit einem konkreten, meist theoretischen Problem, das die Lernenden durch Analyse, Diskussion und vor allem Reflexion lösen sollen. Die Auseinandersetzung mit realitätsnahen Fragestellungen fördert kritisches Denken und Problemlösekompetenzen. PrBL beginnt mit einem Problem, um Denkprozesse an sich zu fördern.

      Hier finden Sie Unterrichtsideen für PrBL: Link Lesson Plan Sprachen, Geschichte

    3. Dialogisches Lernen bildet durch offene Diskussionen und Debatten einen zentralen Bestandteil des Lernens, der im Besonderen die eigenständige Positionierung der Lernenden fördert und fordert.

      Hier finden Sie Unterrichtsideen für dialogisches Lernen: Link Lesson Sprachen-Problemorientiert, Sprachen

    4. Reflexives Lernen wird durch die erfahrungsbasierten inner- und außerschulischen Aufgabenstellungen gefördert: Reflexion über das eigene Wissen fordert die Lernenden auf, ihre Lernmethodik aktiv und bewusst zu konstruieren und in Frage zu stellen. Es bietet den Schülern neue Blickwinkel auf Wissensinhalte, die eigene Methodik, sowie das Erlernte selbst. Diese Kompetenzen sind unabdingbar in der heutigen Informations- und Medienflut.

      Ein Beispiel zu einem Lerntagebuch finden Sie hier: Link Lesson Plan Philosophy

    Diese vier Methoden sind hinreichend erforscht in Bezug auf ihre positiven Wirkungen und in Bezug auf Lernziele. Studien deuten darauf hin, dass transformative Pädagogik, die sich auf kritisches Denken, aktives Engagement und persönliche Veränderung konzentriert, zu besseren Leistungen der Lernenden führen kann, insbesondere in Bereichen wie Sprachkenntnissen und in allen Fächern in Bezug auf ihre kritische Denkkompetenz10, und doch finden sie nur bedingt durchgängig Anwendung. Dies liegt zu einem gewissen Teil auch daran, dass etwaige Barrieren Anpassungen am eigenen klassischen Lernstil erschweren und Erfolgsfaktoren oftmals nicht hinreichend beleuchtet werden.

2. Herausforderungen und Erfolgsfaktoren

Um die Problematik besser im Rahmen der luxemburgischen schulischen Realität zu erfassen, wurden im April 2025 Fokusgruppen mit insgesamt ca. 30 Teilnehmer durchgeführt.

Die Auswertung der drei Fokusgruppen zur transformativen Pädagogik vom 24. April 2025 zeigt ein vielschichtiges Bild: die beteiligten Lehrpersonen aus den Bereichen Sprachen, Kunst, Natur- und Humanwissenschaften, und aus den verschiedenen Schulformen im Land berichteten von einer hohen intrinsischen Motivation ihre Unterrichtspraxis neu zu bedenken. Das Ziel dabei ist es, die Lernenden zu motivieren, selbst Verantwortung für ihr Lernen zu übernehmen. Die Teilnehmer sprachen darüber, dass Schulsysteme in der Regel auf stark strukturierten Lehrplänen und klassischen Prüfungsformaten aufbauen, die eine Integration von TP auf den ersten Blick kompliziert erscheinen lassen. Es bieten sich jedoch auf den zweiten Blick in allen Lehrplänen Möglichkeiten, um transformative Praxis einzubetten. Transformation ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen „passiert“, sondern in kleinen Schritten zu einer Haltungsänderung führt, und das sowohl bei Lehrerinnen und Lehrern wie bei Schülerinnen und Schülern. Kleine erste Schritte bestätigen oft schnell das Potenzial einer TP.

Trotz langjähriger Forschung und trotz der Tatsache, dass TP Teil der Grundausbildung der Lehrer ist, mangelt es laut unseren Fokusgruppenteilnehmern jedoch häufig an institutioneller Unterstützung und an individualisierten Fortbildungen für Lehrkräfte in TP-Methoden. Jedoch haben fast alle Teilnehmer angegeben, dass sie in ihrer Praxis Unterstützung von ihren Kollegen bekommen und einige sich dadurch unterstützt fühlen, wenn der „Projet d’établissement“ Elemente der TP enthält.

Herausforderungen ergeben sich jedoch nicht nur durch eingefahrene Systeme. Lernende sind an traditionelle Methoden gewöhnt und benötigen positive und klare Unterstützung beim Übergang in die TP, denn Unbekanntes kann im besten Fall zu temporärer Verunsicherung und im schlimmsten Fall zur Arbeitsverweigerung führen. Unsere Schülerinnen und Schüler müssen darum hier die Wertigkeit dieser Pädagogik kennen lernen.

Ein Teilnehmer hat angegeben, dass die Direktion sagte: „Inhalte (werden) zu wenig vermittelt (…) und Module (…) sollen unter regulären abrufbaren Bedingungen (erreicht werden)“, was die Umnsetzung von TP eindeutig erschwert. Ein Anderer schrieb: „die Einhaltung der Lehrpläne steht im Vordergrund“.

Die Transparenz der Lehrkraft gegenüber den Lernenden und den Vorgesetzten ist in der TP besonders wichtig. Es bedarf einer klaren Kommunikation darüber, wie sich TP in ihre gewohnten Bewertungsstrukturen fügt.

Das Anpassen von Bewertungsmethoden, z. B. Portfolios, Reflexionsberichte, Peer-to-Peer Bewertungen, kann hier diese Transparenz bieten. Gleichzeitig bietet es einen direkten Nutzen in formativer und/oder summativer Bewertung für das Lehrpersonal an. Link zu Bewertungsschema

Sie äußerten sich stärker auf Partizipation, Selbstwirksamkeit und gesellschaftliche Relevanz ausrichten zu wollen. Hier hoben sie Formate hervor, die Lernende aktivieren und ihnen eine gestaltende Rolle im Lernprozess eingestehen. Projektbasiertes Lernen, Peer-Feedback, Debattenformate sowie kreative Ansätze wie Rollenspiele und Methoden aus dem Theaterbereich werden demnach alle bereits praktiziert, wo es den Teilnehmern und Teilnehmerinnen praktikabel erschien. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen schilderten eindrucksvoll, wie Schüler und Schülerinnen durch diese Ansätze größeres Interesse entwickelten und sie mehr Selbstverantwortung für ihr Lernen übernahmen.

Ein zentrales Element, das sich durch alle Fokusgruppen zog, war die Rolle der Lehrkraft. Die traditionelle Vorstellung vom Lehrenden als Wissensvermittler wurde explizit infrage gestellt zugunsten eines Verständnisses von Lehrern und Lehrerinnen als Coaches, Moderatoren und Facilitatoren von Lernprozessen. Dieses Rollenverständnis, das auf einem Paradigmenwechsel im pädagogischen Denken hindeutet, wurde als notwendige Voraussetzung für die Transformation der Klassenzimmerhierarchien identifiziert. Die Diskussionen verdeutlichten allerdings auch, dass viele Schüler und Schülerinnen bislang kaum Erfahrungen mit einem solchen Rollenwechsel gemacht haben und dementsprechend zögerlich, passiv oder ängstlich auf neue Anforderungen reagieren. Der schulische Rahmen ist zu oft zu eng gesetzt, um die Praxis zu normalisieren.

Besonders kontrovers wurde der Einsatz digitaler Medien und künstlicher Intelligenz im Kontext transformativer Pädagogik diskutiert. Tools wie Padlet, Mentimeter, Miro, Flipgrid oder auch ChatGPT wurden als potenziell unterstützend bewertet – vorausgesetzt, sie werden mit einer klaren pädagogischen Zielsetzung und unter klaren Vorgaben eingesetzt. Zahlreiche Lehrpersonen sehen in einer oberflächlichen Nutzung eher eine Gefahr: von Ablenkungseffekten durch iPads zu einem rein technischen Umgang ohne tiefere Reflexion und Bearbeitung des zu lernenden Materials. Transformativ kann digitale Technologie nur dann sein, wenn sie zur aktiven Gestaltung, zur Zusammenarbeit und zur kritischen Auseinandersetzung genutzt wird – darin waren sich die Gruppen einig. Besondere Beachtung fand die Beobachtung, dass Schüler und Schülerinnen digitale Tools zwar technisch beherrschen, jedoch oft nicht über die Kompetenzen verfügen, diese reflektiert und zielgerichtet im Lernkontext einzusetzen. Die Technologien können genutzt werden, mit all ihrem Funktionen, aber werden oft nicht effektiv eingesetzt.

Neben didaktischen und methodischen Fragen wurde auch die strukturelle Einbettung transformativer Ansätze kritisch beleuchtet. Viele Lehrpersonen beklagten massive Zeitengpässe, einen überfrachteten Lehrplan sowie ein stark auf Leistung und Standardisierung fokussiertes Bewertungssystem. Diese Faktoren werden als zentrale Barrieren für tiefgehende Lernprozesse gesehen. Auch die fehlende pädagogische Grundbildung bei Quereinsteigern und Quereinsteigerinnen sowie ein oft innovationshemmendes Schulklima wurden thematisiert. Der Wunsch nach mehr kollegialem Austausch, schulübergreifender Vernetzung und fundierten Weiterbildungsangeboten war in allen Gruppen präsent. Besonders eindrücklich war dabei die Feststellung, dass innovative Ansätze häufig vom Wohlwollen einzelner Schulleitungen oder Kollegien abhängen und nicht systematisch gefördert werden.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Fokusgruppen großes Potenzial in transformativer Pädagogik sehen – sowohl für die Lernmotivation der Lernenden als auch für die Lehrkräfte selbst. Gleichzeitig sind die strukturellen Rahmenbedingungen bislang kaum darauf ausgerichtet, diese Potenziale nachhaltig zu entfalten. Gehen wir also von einer Bereitschaft aus, auch kleine, inkrementelle Schritte als Fortschritt anzuerkennen, bleibt entscheidend für eine erfolgreiche Implementierung transformativer Ansätze eine systematische Reflexion der eigenen Praxis

3. TP und ihre Bewertungsstrukturen

In einer transformativen Lernkultur wird Bewertung nicht als bloße Kontrolle, sondern als Prozess des Lernens verstanden. Formative Leistungsnachweise, etwa in Form von reflexiven Aufgaben, kreativen Endprodukten oder Kompetenzchecks, die auf die 21st Century Skills abzielen, ersetzen z.B. klassische Mini-Tests, indem sie den Lernprozess sichtbar machen und individuelle Entwicklung auch für die Lernenden transparenter machen. Bewertungsansätze mit klaren Kriterien und transparenter Kommunikation (Bewertungschema) sind hier eine wichtige Basis, denn sie schaffen Vertrauen und Orientierung für Lernende.

Kooperative Lernformen, z. B. Gruppenprojekte mit individueller Bewertung der Lernenden, oder Peer-to-Peer Feedback, fördern das gemeinsame Denken und Problemlösen und decken damit zentrale Bestandteile transformativer Lernprozesse schon in der Bewertung selbst ab. Wichtig ist hier eine differenzierte Bewertung des Individuums innerhalb der Gruppe, um Eigenleistung und Zusammenarbeit angemessen zu berücksichtigen.

Im Selbst- und Peer-Assessments übernehmen Lernende die Verantwortung für ihren Lernstand, reflektieren Qualitätskriterien und entwickeln ein besseres Verständnis von dem, was „gute Leistung“ wirklich bedeutet. Das entlastet nicht nur Lehrpersonen, sondern fördert auch metakognitive Kompetenzen. Schülerinnen und Schüler haben dadurch die Chance besser zu verstehen, wie Noten zustande kommen.

Schließlich rückt TP die Bewertung von Lernen als Lernprozess an sich in den Fokus. Kompetenzen wie kritisches Denken, Reflexionsfähigkeit oder kreative Transferleistung lassen sich durch dynamische Bewertungsraster sichtbar machen. So entsteht eine Feedbackkultur, die auf Entwicklung, Beteiligung und Transparenz ausgerichtet ist. Und dies ist ganz im Sinne einer Pädagogik, die Lernende stärkt und begleitet.

TP im digitalen Zeitalter
1. Digitalität – ein Einstieg

Transformative Pädagogik zielt darauf ab, Lernprozesse so zu gestalten, dass Lernende nicht nur Wissen erwerben, sondern auch ihre Perspektiven erweitern, kritisch denken und aktiv an gesellschaftlichen Prozessen teilhaben. In einer zunehmend digitalisierten Welt bieten technologische Entwicklungen hier enormes Potenzial, aber auch eine große Herausforderung. Um diese genauer zu erfassen, hilft im ersten Schritt der Blick auf bewährte Modelle:

SAMR steht für Substitution (Ersetzung); Augmentation (Erweiterung); Modification (Änderung); Redefinition (Neugestaltung)

Das SAMR-Modell kann als eine Skala betrachtet werden, die Lehrenden hilft, ihren Einsatz digitaler Medien zu reflektieren und zu beurteilen, ob dieser Einsatz eine Veränderung der Unterrichtspraxis bewirkt. Es ist nicht unbedingt das Ziel, immer die höchste Stufe (Redefinition) zu erreichen, sondern vielmehr, die Potenziale digitaler Medien in der jeweiligen Lernsituation optimal auszuschöpfen.

TPACK steht für Technological Pedagogical Content Knowledge (Technisch-Pädagogisches Inhaltswissen). Es ist ein Modell, das die verschiedenen Wissensbereiche beschreibt, die Lehrkräfte benötigen, um Technologie effektiv im Unterricht einzusetzen.

Um die Rolle der Digitalität im Sinne transformativer Pädagogik wirklich zu verstehen, lohnt es sich, auch diese durch die vier Kernideen der TP zu betrachten:

  1. Lernende als partizipierende und kritische Mitdenkende

    Digitale Technologien ermöglichen neue Formen der Beteiligung und Mitgestaltung im Lernprozess: die Cloud, kollaborative Werkzeuge (z.B. digitale und verlinkte Whiteboards), internationale Schulprojekte und Kommunikationsformate sowie die Bereitschaft, auch kleine, inkrementelle Schritte als Fortschritt anzuerkennen.

    Besonders ab der Modification-Stufe im SAMR-Modell entstehen neue Lernräume, in denen Lernende gemeinsam Inhalte erschließen, kritisch hinterfragen und aktiv mitgestalten. Das stärkt nicht nur ihre Stimme im Lernprozess, sondern auch demokratische Grundhaltungen.

    Herausforderung: Diese Potenziale greifen nur, wenn Lehrende und Lernende befähigt werden, digitale Tools nicht nur technisch zu bedienen, sondern auch über die nötigen Medienkompetenzen verfügen.

  2. Lernen als Selbstreflexion

    Digitale Lernumgebungen, besonders KI-gestützte Systeme oder Feedback-Plattformen, bieten vielfältige Möglichkeiten zur individualisierten Rückmeldung und damit zur Selbstreflexion: Lernende erkennen eigene Stärken, Denkfehler, verstehen verschiedene und die eigenen Lernstrategien und sehen ihre Fortschritte.

    Das TPACK-Modell unterstreicht hier, wie entscheidend die Verbindung von Technologie mit pädagogischem und fachlichem Wissen ist. Nur wo Lehrkräfte reflektiert gestalten, und die Reflektion an sich in den Lernprozessen einbetten, können Lernende ihre eigenen Lernwege bewusst erkennen und steuern.

    Herausforderung: Reflexion braucht Zeit, Anleitung und Vertrauen – sie kann durch digitale Tools unterstützt, aber nie ersetzt werden. Reflexive Prozesse entstehen nicht durch Klicks, sondern durch gezielte pädagogische Begleitung. Um diesen Raum zu schaffen, sollten simplere Lernschritte, wie das Lesen von Texten, und Informationssammlung, nach außerhalb der knappen Unterrichtszeit verlegt werden. (Flipped classroom)

  3. Lernen als individueller kreativer Prozess

    Digitale Medien bieten einen enormen Raum für kreative Lernprozesse: Storytelling, Podcasts, Lernvideos, digitale Comics, interaktive Präsentationen oder kreative Plattformen wie ExcaliDraw oder Edu-Blogs ermöglichen es Lernenden, ihr Wissen gestalterisch umzusetzen. (Beispiel-Aktivität)

    Hier wird Lernen selbstbestimmt, subjektiv und sinnhaft. Besonders offen lizenzierte Bildungsressourcen (OER) bieten niederschwellige Zugänge, die auch bildungsbenachteiligte Gruppen einbeziehen.

    Herausforderung: Kreative Freiheit verlangt digitale Kompetenz. Nicht alle Lernenden – oder Lehrkräfte – sind mit diesen Tools vertraut. Der digitale Graben ist nach wie vor ein reales Problem. Zudem besteht die Gefahr, dass Kreativität durch oberflächliche Tool-Nutzung ersetzt wird. Kreative Prozesse brauchen Tiefe, nicht nur Formatvielfalt.

  4. Lernen im sozio-politischen Kontext

    Digitale Bildung im Sinne von TP muss auch das gesellschaftliche Umfeld reflektieren: Wer hat Zugang zu Technologien? Wer wird gehört? Wie sicher sind Daten? Welche Plattformen prägen unser Denken?

    Fragen zu Datenschutz (DSGVO) (Datenschutz FAQ), digitalen Machtstrukturen und algorithmischer Beeinflussung sind hochaktuell – und müssen Teil des Unterrichts sein. Nur so kann digitale Mündigkeit entstehen.

    Herausforderung: Der digitale Graben liegt heute weniger in der Ausstattung mit Hardware, sondern in Medienkompetenzen, der Fähigkeit, Medien reflektiert, verantwortungsvoll und kritisch zu nutzen. Diese Kompetenzen sind ungleich verteilt und müssen aktiv aufgebaut werden.

    Gleichzeitig ist Screen-Life-Balance entscheidend: Nachhaltiges Lernen entsteht im Wechselspiel aus Online- und Offline-Erfahrung. Digitale Transformation darf nicht zur Bildschirmdominanz führen, sondern muss von analogen Momenten der Begegnung, Diskussion und Reflexion begleitet werden.

    Auch künstliche Intelligenz (KI) kann sinnvoll und transformativ seinen Einsatz im Klassenzimmer finden, jedoch sollten Aufgabenstellungen klar abzeichnen wofür, z.B. ein LLM , KI von Schülern genutzt werden darf und wie es genutzt werden soll. Arbeitsprozesse die Eigenständigkeit, kritisches Denken und ähnliches erfordern, sollten so gestellt sein, dass eine Nutzung z.B. ChatGPTs nur bei Teilaspekten zum Einsatz kommt.

2. Digitale Transformation als Chance für Transformation?

SAMR und TPACK bieten Lehrpersonen hilfreiche Werkzeuge zur kritischen Reflexion des eigenen Medieneinsatzes. In Verbindung mit den Kernideen transformativer Pädagogik entsteht daraus ein Orientierungsrahmen, der digitales Lernen nicht nur effizient, sondern menschlich macht.

Digitale Medien sind kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug für die Entwicklung mündiger, kreativer, reflektierter und verantwortungsvoller Lernender – wenn wir sie im Sinne einer transformativen Didaktik nutzen. Dies bedeutet digitale und analoge Methoden im sinnvollen Wechsel zu nutzen.

3. Konkrete Anregungen für Lehrkräfte

Der Wandel hin zu einer transformativen Pädagogik beginnt mit engagierten Lehrkräften. Denn digitale Tools sind nur dann wirksam, wenn sie fachlich fundiert, pädagogisch sinnvoll und technisch sicher eingesetzt werden, wie im TPACK Modell erörtert. Was es also braucht, ist eine Kultur des Experimentierens und Lernens, eine kalkulierte Risikofreudigkeit und eine aufrichtige Reflexion der eigenen Lehrpraxis.

Eine Analyse bestehender Methoden aus der TP-Perspektive, und in Bezug auf Digitalität mit Hilfe eines der oben erwähnten Modelle ist der erste Schritt. Es lassen sich dann häufig schnell Möglichkeiten finden, um z.B. dialogisches Lernen einzubetten, und darauf aufzubauen (siehe Lernende als partizipierende und kritische Mitdenker).

Hier ein paar kurze Tipps zur Umsetzung:

Wirksame erste Schritte

  • Einführung kooperativer Lernformen

Anpassung der Bewertungspraxis

  • Ersatz klassischer Mini-Tests durch formative Leistungsnachweise

  • Förderung von Selbst- und Peer-Assessment: Schüler erlernen, was wie bewertet wird, vermindert Zeit Investition des Lehrenden (Beispiel Lesson Plan)

  • Bewertung von Lernprozessen anstelle reiner Wissensabfrage. (Bewertungsschema)

Sinnvolle Nutzung von Technologie